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Das undankbare Schicksal von Leopold ...

Aktualisiert: 22. Sept. 2019

Von Helga Váradi


Ein Anblick auf Leopold, der strenge, fast etwas spöttisch wirkende Blick, die Eleganz seiner Körperhaltung, insgesamt ein überzeugende Intellekt! Solche, und ähnliche Eindrücke kann sich der aufmerksame Zuschauer im Geburtshaus von Wolfgang Amadé Mozart in Salzburg sammeln, das hervorragende Gemälde von Pietro Antonio Lorenzoni betrachtend.


Und welch einen schlechten Ruf hat sich Leopold Mozart im Laufe der Musikgeschichte erworben? Vorgeworfen wird ihm, seinen genialen Sohn ausgebeutet zu haben, um Ruhm und Geld für sich zu verdienen. Ebenfalls, dass seine Tochter Nannerl nicht ihre wahre Liebe Franz d'Ippold heiraten durfte, dass der Vater ihren erstgeborenen Sohn weggenommen hat, um ein weiteres Wunderkind aus dem kleinen Leopoldl in Salzburg zu zaubern (Nannerl lebte damals bereits in St. Gilgen, an der Seite ihres Ehemanns). Überhaupt, dass Leopold seinen Kindern keine freie Entfaltung erlaubt hatte.


Wahr scheint es zu sein, dass die Nachwelt von Leopold ein etwas verfärbtes Bild bekommen hat. Denn es gehört zur Wahrheit zu sagen, er besaß eine eindrückliche Menge an Wissen, an Bildung, gepaart mit Intelligenz und Scharfsinn, mit geschäftlicher Tüchtigkeit. Seine Lateinkenntnisse retteten sogar in den Haag (1765) seiner Tochter das Leben, als er nach einer spontan besuchten medizinischen Konferenz die richtigen Mitteln einzusetzen wusste und nicht dem Hausarzt zugehört hat.


Ein wahrhaft idealer Musikpädagoge im Zeitalter der Aufklärung! Der kleine Wolfgangerl hätte sich keinen besseren Lehrer wünschen können, das Kind badete von Anfang an in einer selbstverständlichen musikalischen Welt im Hause Mozart. Die berühmte Geigenschule von Leopold gehört seit ihrer Veröffentlichung (1756) zum Grundrepertoire der Geigenpädagogik und der Verfasser wusste seine kaufmännischen Talente geschickt einzusetzen: im damaligen Verlagswesen sorgte er für die allgemeine Verbreitung seiner Kompositionen und seiner Geigenschule in Europa.


Am 10. November 1766 schrieb er seinem vertrauten Salzburger Freund Lorenz Hagenauer, aus München, welche Zeilen einen Einblick in seine Denkart gewähren:


“Gott {…} hat meinen Kindern solche Talente gegeben, die, ohne an die Schuldigkeit eines Vatters zu gedenken, mich reitzen würde, alles der guten Erziehung derselben aufzuopfern. jeder augenblick, den ich verliehre, ist auf ewig verlohren. und wenn ich jemahls gewust habe, wie kostbar die Zeit für die Jugend ist, so weis ich es itzt. Sie wissen daß meine Kinder zur arbeit gewohnt sind: sollten sie aus Entschuldigung daß eines das andre verhindert sich an müssige Stunden gewöhnen, so würde mein ganzes gebäude über den Haufen fallen; {…} und sie wissen auch selbst wie viel meine Kinder, sonderlich der Wolfgangerl zu lernen hat.”


Wichtig ist es festzustellen, dass Leopold in dieser würdigen Aufgabe völlig aufgegangen ist, dass er seine Pflichte glänzend erfüllt hat. Er hörte mit seiner kompositorischen Tätigkeit auf, als die Kinder erste Zeichen von ihren musikalischen Talenten gaben. Wie sich aber die Wege danach trennten, abhängig davon wie sich eine Frau und ein Mann in der damaligen Gesellschaft entfalten durfte, wird sich in einem nächsten Blogtext zeigen.



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